Außenwirtschaftsnachrichten 12/2020

2 Im Blickpunkt Schluss, dass auch der transatlantische Handel vom Machtwechsel im Weißen Haus profitieren wird. Biden werde den Handelsstreit mit der EU auf dem Ver- handlungswege beilegen wollen – auch um die Europäer als Verbündete in der wirtschaftspolitischen Auseinanderset- zung mit China zu gewinnen. Der Han- delskonflikt mit der Volksrepublik dürf- te auch unter dem neuen Präsidenten fortgesetzt werden. Schließlich erwar- ten die Ökonomen, dass die neue Re- gierung der internationalen Klimapolitik neuen Schwung gibt. Außerdem dürften verstärkte Investitionen in die technolo- gische Entwicklung zukunftsträchtiger Felder, wie der Wasserstoffwirtschaft oder der Solarenergie, getätigt werden. „Es ist positiv, dass die Zeit oft brachial- erratischer Eskalationen in Handels- fragen nun vorbei sein dürfte und eine Präsidentschaft endet, die Steuersen- kungen für Wohlhabende als wichti- ges konjunkturpolitisches Instrument verkauft hat. Nimmt man das Wahl- programm der Demokraten ernst, sind auch darüber hinaus positive Impulse zu erwarten. Denn die neue Administ- ration stellt bedeutende Investitionen in Infrastruktur, auch in ‚grüne‘ Energie- techniken, in Aussicht. Außerdem plant sie Maßnahmen, die für mehr Beschäf- tigung und eine höhere Kaufkraft auch von Mittelschichts- und ärmeren Haus- halten sorgen.“ Absatzchancen für deutsche Unternehmen „Allerdings wachsen die Bäume auch nicht in den Himmel, insbesondere aus europäischer und deutscher Perspekti- ve nicht“, betont Dullien. „Die knappen Mehrheitsverhältnisse im Senat und die konservative Dominanz am obersten Gericht werden weitreichende Refor- men und die von Biden im Wahlkampf angekündigten gewaltigen Ausgaben in Höhe von fast zehn Billionen US-Dollar für die nächsten zehn Jahre wohl ver- hindern“, erwartet der Ökonom. „Das ist auch ein Grund, warum sich aus den US-Investitionsprogrammen für die deutsche Wirtschaft lediglich ein eher moderater Nachfrageeffekt ergeben wird. Der zweite: Auch die neue US- Administration dürfte darauf dringen, dass bei der öffentlichen Beschaffung vor allem US-Unternehmen zum Zuge kommen. Zusätzliche Absatzchancen für deutsche Anbieter ergeben sich also vor allem dort, wo es wenige heimische Anbieter gibt.“ Entspannung im Handelskonflikt Keinen raschen Kurswechsel erwar- ten Dullien und seine Ko-Autoren/-innen Dr. Sabine Stephan, Dr. Silke Tober und Dr. Thomas Theobald auch im Verhalten der USA gegenüber der Welthandelsor- ganisation und der Volksrepublik China. „In Sachen Handelspolitik hat Joe Biden mächtige Druckmittel von seinem Amts- vorgänger geerbt, die er nicht vorschnell und nur gegen substanzielle Gegenleistun- gen zurücknehmen wird. Deshalb wird er sowohl die Strafzölle gegen China als auch die Blockade der WTO zunächst aufrecht- erhalten“, schreiben die Wissenschaftler/ -innen. „Da Biden im Gegensatz zu Trump an einer Kooperation mit den Verbünde- ten interessiert ist, um gemeinsam mit diesen China ‚einzuhegen‘“, stünden aber die Chancen gut, dass die USA unter dem neuen Präsidenten zumindest „mittelfris- tig zum Multilateralismus zurückkehren“. Weitere Informationen sind zu finden unter: www.imk-boeckler.de > Presse > Pressemeldung vom 08.11.2020 Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) Hans-Böckler-Stiftung Foto: © mindscanner – stock.adobe.com

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